EFNS: ein Skifest für Europas Forstleute – und wie es einstmals dazu kam
Wolf Hockenjos - März 2012
Im Stadium der Vorbereitung ist Ihnen gewiß manchmal alles als ein großes Wagnis erschienen, das weniger mutige Organisatoren vielleicht zum Aufgeben hätte veranlassen können. (A. Seiterle, Freiburger Forstpräsident, in seinem Dankschreiben vom 4. 3. 1969 an die Organisatoren der ersten Internationalen Forstlichen Nordischen Skiwettkämpfe )
Die 44. Europäischen Forstlichen Nordischen Skiwettkämpfe (EFNS), die vom 27. 2. bis 4. 3. 2012 auf dem Notschrei bei Todtnau ausgetragen wurden, sind glanzvoll über die Bühne gegangen. Sie werden den rund 950 Teilnehmern aus 22 Nationen in denkbar bester Erinnerung bleiben, sowohl wegen der prächtigen Wetter- und Schneebedingungen, als auch dank einer nahezu perfekten Organisation rund um das neue Biathlonstadion. Ganz abgesehen von der Stimmung, der Wiedersehensfreude beim alljährlichen Treffen mit all den Kollegen, Freunden und Konkurrenten. Wie es die Tradition seit vier Jahrzehnten so will, traf man sich eine Woche lang nicht nur in der Spur, sondern auch bei Fachvorträgen und Exkursionen. Todtnau, die „Wiege des deutschen Skilaufs“, war bereits zum 7. Mal Veranstaltungsort, was seiner Anziehungskraft keineswegs geschadet hat. Darauf konnte Bürgermeister Andreas Wießner anlässlich der feierlichen Eröffnung bei Fackelschein vor dem Todtnauberger Kurhaus mit berechtigtem Stolz verweisen. Wie er in seiner Ansprache auch nicht zu erwähnen vergaß, dass in Todtnau einst nicht nur der Erfinder der Dauerwelle (Karl Ludwig Nessler, 1872), sondern auch die Idee für die EFNS geboren worden sei.
Nach 44 Jahren, allerspätestens, pflegt gemeinhin die Legendenbildung einzusetzen, wo doch die Zeitzeugen sich allmählich rar zu machen beginnen. Weshalb nachgefragt werden darf: War es tatsächlich so? Haben die Todtnauer nicht etwa nur der ersten deutschen Skiclub gegründet (im Jahr 1891, wie sich anhand eines Dankschreibens Fridtjof Nansens vom 5. Januar 1892 schlüssig nachweisen lässt, nachdem sie den berühmten Norweger flugs zum Ehrenmitglied ernannt hatten), sondern vor 44 Jahren auch die EFNS erfunden?
Einem Kollegen, der für die im Rahmenprogramm angebotene Podiumsdiskussion zur Geschichte und Zukunft der Wettkämpfe nach Bildmaterial aus deren Frühzeit gefahndet hatte, ist es zu verdanken, dass der Autor zuunterst in der heimischen Ablage auf einen Ordner stieß, in welchem er schriftliche Unterlagen zur Entstehungsgeschichte der EFNS aufbewahrt hatte: Beginnend mit einer Seminararbeit, die er als Freiburger Forststudent im Fach Forstliche Arbeitslehre unter Professor Hansjürg Steinlin verfasst und hernach in der AFZ veröffentlicht hatte. „Berufliches Zwecktraining“, so schließt die Arbeit, die sich vor allem an der betont sportiven Waldarbeiterausbildung Schwedens orientiert hatte, „entbehrt jedoch der erforderlichen Attraktivität, um vom Arbeiter selbständig betrieben zu werden, weshalb der Sport – nicht anders als in Skandinavien – einer besonderen Triebfeder bedarf: des Wettkampfs.“ Als eine der Arbeitsleistung und der Gesundheit besonders zuträgliche Sportart hatte der Autor, selbst begeisterter Skilangläufer und wiederholt auf skandinavischen Loipen zugange, den winterlichen Ausdauersport ausgemacht. Der Umweg über den Wettkampfsport erschien ihm „auf lange Sicht als einzige Möglichkeit, den Waldarbeiterberuf reif zu machen für eine planmäßige sportliche Betätigung.“
Im schneereichen Winter 1967/68 war der Forstreferendar dem Forstamt Todtmoos zugewiesen worden. Die Waldarbeit ruhte und mit Aktenstudium allein war ein Referendar nicht mehr auszulasten. Weshalb ihn Forstamtschef Helmut Zimmermann, sich an dessen AFZ-Beitrag erinnernd, dazu ermunterte, doch die Probe aufs Exempel zu machen und einen forstamtsinternen Skiwettkampf mit KK-Schießen zu organisieren. Das Resonanz auf diesen Versuch fiel überraschend positiv aus. Kein Wunder, dass es wenig später, als der Referendar per Ski mit geschultertem Kleeheusack die Rehfütterungen zu beschicken hatte, plötzlich bei ihm funkte: Weshalb eigentlich sollte ein derartiger Berufswettkampf, so die Eingebung, nicht auch in größeren Stil gelingen? Und wenn schon ein organisatorischer Aufwand dafür erforderlich war, warum dann im südbadischen Dreiländereck nicht auch gleich mit internationaler Beteiligung? Schließlich gab es unter den Waldberuflern nicht nur im Schwarzwald, sondern auch in den Nachbargebirgen bekannte Namen unter den Skilangläufern. Auch waren Schwarzwälder Forstkollegen allenthalben als Funktionäre im Einsatz, im Skiverband wie bei der Ausrichtung verbandsoffener Meisterschaften. Sollten diese sporterfahrenen Kollegen nicht zu gewinnen sein für die neue Idee? Wie aber würde die Obrigkeit in der Freiburger Forstdirektion, wie würden die Forstamtsleiter rundum reagieren, wo deren Aufgeschlossenheit gegenüber dem bislang doch eher hinterwäldlerischen Skilanglauf sich noch immer in engen Grenzen hielt? Andererseits: Waren die Achtundsechzigerjahre nicht auch von Aufbruchstimmung und von jugendlichem Tatendrang geprägt, von der Gewissheit, dass sich die gesellschaftlichen Verhältnisse durchaus verändern lassen würden? Man betätige nur die richtigen Hebel und sehe sich nach den geeigneten Sympathisantenkreisen um. Irgendwie müsste es gelingen, die Forstpartie auch für die Aktiverholung breiter Bevölkerungsschichten auf Langlaufbrettern zu gewinnen, nachdem ja bereits die sommerliche Trimmdichwelle aus den USA nach Mitteleuropa herüber geschwappt war!
Bis in den Frühsommer hinein wurden also Sondierungsgespräche geführt, vorneweg mit den erfahrenen Skilanglaufexperten im uniformgrünen Milieu: so mit Hermann Faller, dem nordischen Sportwart im Skiverband und Holzrechner im Forstamt St. Märgen, und mit den Forstrevierleitern Felix Braunagel von der Martinskapelle bei Furtwangen sowie Hermann Pfaff aus Tennenbronn, beide unersetzliche Organisatoren Schwarzwälder Langlauf-Großveranstaltungen. Sodann aber galt es, bei den alpinskisportlich aufgeschlossenen Forstamtsleitern des oberen Wiesentals hausieren zu gehen mit der Idee, bei Erwin Lauterwasser in Todtnau und Wolf Drescher in Schönau, die beide spontan ihre Unterstützung zusagten. Die Vorgespräche verliefen schließlich allesamt so erfolgversprechend, dass der Todtmooser Forstreferendar per Dienstpost (mit Schreiben v. 18. 6. 1968) den Freiburger Forstpräsidenten Seiterle über die Pläne informieren und ihm, vorbehaltlich seiner Zustimmung, gar die Schirmherrschaft über die Veranstaltung antragen durfte. Für deren Organisation, Planung und Ausführung, so sein Bericht an den Präsidenten, „stünde ein Team von bewährten Spezialisten, für die sportliche Qualität und Pressereife eine große Zahl von interessierten Spitzenläufern zur Verfügung.“ Wundersamerweise biss man an in Freiburg, sodann auch in Stuttgart.
Bereits tags darauf (datiert vom 19. 6. 1968) wurde im Todtmooser Forstamtsbüro die Einladung getippt zur ersten Organisationsbesprechung am 5. Juli um 19.30 Uhr im Leistungszentrum des Skiverbands auf dem Herzogenhorn – mit großem Verteiler, versteht sich, vom Forst- bis zum Skiverbandspräsidenten, und unter Einbeziehung von Presse und Fachpresse, ein bisschen nassforsch unterzeichnet vom Todtmooser Forstreferendar „mit Ski- und Waidmannsheil“-Grüßen. Eingebunden waren da auch bereits die beiden berufsständischen Organisationen; der Vertreter der Gewerkschaft sollte sogleich mit der Forderung herausrücken, der Chancengleichheit wegen müsse den Waldarbeitern an Stelle des KK-Schießens ein Knallkorkenschlagen mit der Axt zugestanden werden. Lange hat sich diese Disziplin freilich nicht gehalten, denn auch die Waldarbeiter bevorzugten das Schießen. Klar war von Anfang an, dass an dem Wettkampf schrankenlos alle mit Wald und Holz verbundenen Berufsgruppen und Laufbahnen, von den Forstprofessoren bis zu den Waldbesitzern und Sägewerkern samt Familienangehörigen zur Teilnahme berechtigt sein sollten.
In seinem Eingangsreferat hatte der Todtmooser Forstreferendar vor den versammelten Kollegen über Sinn und Zweck der Veranstaltung zu referieren, über die forstliche Berufsbezogenheit der Sportart Biathlon ebenso wie über das Ziel einer grenzüberschreitenden forstsportlichen Verständigung. Weil gerade der Prager Frühling ausgebrochen war, zeigte er sich zuversichtlich, dass nicht nur mit Teilnehmern aus den süddeutschen Nachbarländern und Italien, womöglich gar aus Skandinavien gerechnet werden durfte, sondern auch mit Läufern aus der DDR, aus Jugoslawien und aus der Tschechoslowakei; von den drei Letztgenannten sollten dann tatsächlich die Tschechen am Start erscheinen. An den Schluss seiner Ausführungen setzte er kühn seine Vision einer „Forestiade“, die man in den Folgejahren ja dann jeweils an die Teilnehmerländer vergeben könne. Hauptsache, die Uraufführung verlaufe erst mal erfolgreich.
Zum Vorsitzenden des ausrichtenden Komitees wurde zunächst der Todtmooser Forstamtsleiter Helmut Zimmermann gewählt. Dessen Referendar hatte die Pressearbeit und die Kontaktaufnahme mit den Ausländern zu übernehmen. Womit er freilich nicht überall sogleich erfolgreich war: Ausgerechnet bei den Schweden handelte er sich eine Absage ein, von denen er doch zu seiner Seminararbeit inspiriert worden war. Leider habe man dafür keine Zeit, so die knappe Antwort des schwedischen Kollegen. Noch war auch in den kühnsten Zukunftsträumen nicht abzusehen, dass die EFNS in ihrer 44jährigen Geschichte zweimal nach Schweden vergeben werden konnten (1986 nach Falun, 2011 nach Östersund) und dass 2012 in Todtnau mit Gunnar Olofson aus Östersund der erste nichtbaden-württembergische Präsident des EFNS-Komitees (mittlerweile eines eingetragenen Vereins) gewählt werden sollte.
Als stärkstes Zugpferd in der Startphase der Veranstaltung erwies sich indessen Erwin Lauterwasser, der Todtnauer Forstamtsleiter – ein Glücksfall, wie sich rasch herausstellte, nicht nur für die allerersten Wettkämpfe auf dem Herzogenhorn, die maßgeblich vom Todtnauer Forstamtsbüro aus organisiert wurden und am 26. Februar 1969 bei denkbar widrigen Witterungsbedingungen (der Nebel war so dicht, dass nicht geschossen werden konnte) durchgeführt wurden. Desto legendärer geriet der fröhliche Ausklang mit der Siegerehrung im Ochsen in Todtnau, wozu sich auch der Forst- und Landwirtschaftsminister eingefunden und einen Ehrenpreis gestiftet hatte, eben dort, wo einst auch der erste deutsche Skiclub gegründet worden war. Das Wettkampfbüro hatte sogar zwei Läufe auszuwerten gehabt: einen 12 km langen A-Lauf für 75 Langlaufprofis und einen halb so langen B-Lauf für 450 Amateure aus fünf Nationen, denn noch war längst nicht jedermann im Besitz einer Langlaufausrüstung Lauterwassers organisatorisches Talent, sein unermüdlicher Einsatz für die Fortführung der EFNS über drei Jahrzehnte hinweg, sei es als Freiburger Forstpräsident, sei es auch noch als Pensionär (und Vizepräsident des Deutschen Skiverbands), sein Verhandlungsgeschick gegenüber Sponsoren wie auch seine Drähte in höheren Etagen der Politik boten die Gewähr dafür, dass aus den EFNS eine Erfolgsgeschichte werden konnte, der letztlich auch Forstreformen und Wirtschaftskrisen nichts anhaben konnten.
Der Freiburger Forstpräsident damals, im Jahr 1969, Anton Seiterle, hat dem Organisationskomitee für seine Arbeit (mit Schreiben vom 4. März 1969) in geradezu überschwänglichen Worten gedankt: Nachdem „dem glänzenden Einfall die Tat gefolgt“ und die gesteckten Ziele in jeder Hinsicht erreicht worden seien, dürften alle „mit Zufriedenheit feststellen, dass die Forstverwaltung und die in ihr tätigen Menschen sich der Öffentlichkeit von einer bisher unbekannten, aber gewiß sympathischen Seite gezeigt haben. Dies erscheint mir gerade jetzt, hingesehen auf die derzeitige Lage der Forstwirtschaft und Forstverwaltung, notwendiger denn je.“ Der Einsatz gereiche dem Sport, der Forstverwaltung und unserem Land zur Ehre – vierundvierzig Jahre später dürfte das der nunmehr amtierende Freiburger Forstpräsident Meinrad Joos, der Vorsitzende des örtlichen Komitees, nicht viel anders gesehen haben.
Damals waren derlei sportfreundliche Töne neu in der Forstverwaltung. Allenfalls schemenhaft hatte sich im Entstehungsjahr der EFNS abgezeichnet, dass das skisportliche Engagement der Forstbediensteten in Baden-Württemberg alsbald zu einem wichtigen Fundament der winterlichen Erholungsplanung werden sollte. Wie anders als über die forstlichen Skiwettkämpfe hätte das Forstpersonal den Boom der Freizeitsportart Skilanglauf ab den 1970er Jahren steuern und mitgestalten sollen, wie anders als mit Hilfe des Sachverstands, den man sich in der Loipe und im Austausch mit den skisportlich engagierten in- und ausländischen Kollegen aneignen konnte? Zur Wissensvermittlung im neuen Fach Anlage und Unterhaltung von Skiloipen hatte die Freiburger Forstdirektion ihren Bediensteten 1971 sogar eigens noch zwei Lehrgänge angeboten, in denen die Konzeption für das erste deutsche Skilanglaufzentrum, die Thurnerspur bei St. Märgen, entworfen wurde. Ohne das skisportliche Engagement der Forstleute und ohne den goldenen Zügel der von der Forstverwaltung für die Anlage und Unterhaltung von Wintererholungseinrichtungen eingesetzten Fördermittel wäre die wintertouristische Entwicklung im Schwarzwald fraglos anders, im Zweifel sehr viel chaotischer verlaufen. Denn dass sich die winterlichen Besucherströme mit fachmännisch angelegten und gut gewarteten Skiloipen lenken lassen, dass auf diese Weise ökologisch sensible Gebiete ausgespart bleiben können, das zeichnet den Schwarzwälder Volkssport Skilanglauf (im Gegensatz zu manch andern Freizeitsportarten, die sich kaum kanalisieren lassen) bis zum heutigen Tag aus. Auch wenn die Forstverwaltung nach all den Reformen längst nicht mehr über die Fördertöpfe zur Gestaltung von Wintererholungseinrichtungen verfügen darf: Geblieben ist einstweilen die skisportliche Begeisterung, das oft ehrenamtliche Engagement vieler Forstleute.
Die Vorfreude auf die nächsten EFNS, auf die Wettkampfreisen in die Schneeregionen der europäischen Länder als Stimulanz für ein kontinuierliches gesundheitsförderliches Training, alljährlich herbeigesehnte Tage mit ihren freundschaftlichen wie fachlichen Kontakten zu in- und ausländischen Kollegen, das ist es, was den Wert der EFNS unterdessen ausmacht, ob sie nun einst in Todtnau oder in Todtmoos erfunden worden sein mögen. Soviel ist jedenfalls sicher: die 45. Wettkämpfe werden in Gorski Kotar in Kroatien ausgetragen, die übernächsten im nordfinnischen Kontiolahti, und im Jahr 2015 trifft man sich in Lenzerheide. Ergebnisse und Eindrücke vom Notschrei 2012 finden sich im Internet unter www.efns.eu.
Die 44. Europäischen Forstlichen Nordischen Skiwettkämpfe (EFNS), die vom 27. 2. bis 4. 3. 2012 auf dem Notschrei bei Todtnau ausgetragen wurden, sind glanzvoll über die Bühne gegangen. Sie werden den rund 950 Teilnehmern aus 22 Nationen in denkbar bester Erinnerung bleiben, sowohl wegen der prächtigen Wetter- und Schneebedingungen, als auch dank einer nahezu perfekten Organisation rund um das neue Biathlonstadion. Ganz abgesehen von der Stimmung, der Wiedersehensfreude beim alljährlichen Treffen mit all den Kollegen, Freunden und Konkurrenten. Wie es die Tradition seit vier Jahrzehnten so will, traf man sich eine Woche lang nicht nur in der Spur, sondern auch bei Fachvorträgen und Exkursionen. Todtnau, die „Wiege des deutschen Skilaufs“, war bereits zum 7. Mal Veranstaltungsort, was seiner Anziehungskraft keineswegs geschadet hat. Darauf konnte Bürgermeister Andreas Wießner anlässlich der feierlichen Eröffnung bei Fackelschein vor dem Todtnauberger Kurhaus mit berechtigtem Stolz verweisen. Wie er in seiner Ansprache auch nicht zu erwähnen vergaß, dass in Todtnau einst nicht nur der Erfinder der Dauerwelle (Karl Ludwig Nessler, 1872), sondern auch die Idee für die EFNS geboren worden sei.
Nach 44 Jahren, allerspätestens, pflegt gemeinhin die Legendenbildung einzusetzen, wo doch die Zeitzeugen sich allmählich rar zu machen beginnen. Weshalb nachgefragt werden darf: War es tatsächlich so? Haben die Todtnauer nicht etwa nur der ersten deutschen Skiclub gegründet (im Jahr 1891, wie sich anhand eines Dankschreibens Fridtjof Nansens vom 5. Januar 1892 schlüssig nachweisen lässt, nachdem sie den berühmten Norweger flugs zum Ehrenmitglied ernannt hatten), sondern vor 44 Jahren auch die EFNS erfunden?
Einem Kollegen, der für die im Rahmenprogramm angebotene Podiumsdiskussion zur Geschichte und Zukunft der Wettkämpfe nach Bildmaterial aus deren Frühzeit gefahndet hatte, ist es zu verdanken, dass der Autor zuunterst in der heimischen Ablage auf einen Ordner stieß, in welchem er schriftliche Unterlagen zur Entstehungsgeschichte der EFNS aufbewahrt hatte: Beginnend mit einer Seminararbeit, die er als Freiburger Forststudent im Fach Forstliche Arbeitslehre unter Professor Hansjürg Steinlin verfasst und hernach in der AFZ veröffentlicht hatte. „Berufliches Zwecktraining“, so schließt die Arbeit, die sich vor allem an der betont sportiven Waldarbeiterausbildung Schwedens orientiert hatte, „entbehrt jedoch der erforderlichen Attraktivität, um vom Arbeiter selbständig betrieben zu werden, weshalb der Sport – nicht anders als in Skandinavien – einer besonderen Triebfeder bedarf: des Wettkampfs.“ Als eine der Arbeitsleistung und der Gesundheit besonders zuträgliche Sportart hatte der Autor, selbst begeisterter Skilangläufer und wiederholt auf skandinavischen Loipen zugange, den winterlichen Ausdauersport ausgemacht. Der Umweg über den Wettkampfsport erschien ihm „auf lange Sicht als einzige Möglichkeit, den Waldarbeiterberuf reif zu machen für eine planmäßige sportliche Betätigung.“
Im schneereichen Winter 1967/68 war der Forstreferendar dem Forstamt Todtmoos zugewiesen worden. Die Waldarbeit ruhte und mit Aktenstudium allein war ein Referendar nicht mehr auszulasten. Weshalb ihn Forstamtschef Helmut Zimmermann, sich an dessen AFZ-Beitrag erinnernd, dazu ermunterte, doch die Probe aufs Exempel zu machen und einen forstamtsinternen Skiwettkampf mit KK-Schießen zu organisieren. Das Resonanz auf diesen Versuch fiel überraschend positiv aus. Kein Wunder, dass es wenig später, als der Referendar per Ski mit geschultertem Kleeheusack die Rehfütterungen zu beschicken hatte, plötzlich bei ihm funkte: Weshalb eigentlich sollte ein derartiger Berufswettkampf, so die Eingebung, nicht auch in größeren Stil gelingen? Und wenn schon ein organisatorischer Aufwand dafür erforderlich war, warum dann im südbadischen Dreiländereck nicht auch gleich mit internationaler Beteiligung? Schließlich gab es unter den Waldberuflern nicht nur im Schwarzwald, sondern auch in den Nachbargebirgen bekannte Namen unter den Skilangläufern. Auch waren Schwarzwälder Forstkollegen allenthalben als Funktionäre im Einsatz, im Skiverband wie bei der Ausrichtung verbandsoffener Meisterschaften. Sollten diese sporterfahrenen Kollegen nicht zu gewinnen sein für die neue Idee? Wie aber würde die Obrigkeit in der Freiburger Forstdirektion, wie würden die Forstamtsleiter rundum reagieren, wo deren Aufgeschlossenheit gegenüber dem bislang doch eher hinterwäldlerischen Skilanglauf sich noch immer in engen Grenzen hielt? Andererseits: Waren die Achtundsechzigerjahre nicht auch von Aufbruchstimmung und von jugendlichem Tatendrang geprägt, von der Gewissheit, dass sich die gesellschaftlichen Verhältnisse durchaus verändern lassen würden? Man betätige nur die richtigen Hebel und sehe sich nach den geeigneten Sympathisantenkreisen um. Irgendwie müsste es gelingen, die Forstpartie auch für die Aktiverholung breiter Bevölkerungsschichten auf Langlaufbrettern zu gewinnen, nachdem ja bereits die sommerliche Trimmdichwelle aus den USA nach Mitteleuropa herüber geschwappt war!
Bis in den Frühsommer hinein wurden also Sondierungsgespräche geführt, vorneweg mit den erfahrenen Skilanglaufexperten im uniformgrünen Milieu: so mit Hermann Faller, dem nordischen Sportwart im Skiverband und Holzrechner im Forstamt St. Märgen, und mit den Forstrevierleitern Felix Braunagel von der Martinskapelle bei Furtwangen sowie Hermann Pfaff aus Tennenbronn, beide unersetzliche Organisatoren Schwarzwälder Langlauf-Großveranstaltungen. Sodann aber galt es, bei den alpinskisportlich aufgeschlossenen Forstamtsleitern des oberen Wiesentals hausieren zu gehen mit der Idee, bei Erwin Lauterwasser in Todtnau und Wolf Drescher in Schönau, die beide spontan ihre Unterstützung zusagten. Die Vorgespräche verliefen schließlich allesamt so erfolgversprechend, dass der Todtmooser Forstreferendar per Dienstpost (mit Schreiben v. 18. 6. 1968) den Freiburger Forstpräsidenten Seiterle über die Pläne informieren und ihm, vorbehaltlich seiner Zustimmung, gar die Schirmherrschaft über die Veranstaltung antragen durfte. Für deren Organisation, Planung und Ausführung, so sein Bericht an den Präsidenten, „stünde ein Team von bewährten Spezialisten, für die sportliche Qualität und Pressereife eine große Zahl von interessierten Spitzenläufern zur Verfügung.“ Wundersamerweise biss man an in Freiburg, sodann auch in Stuttgart.
Bereits tags darauf (datiert vom 19. 6. 1968) wurde im Todtmooser Forstamtsbüro die Einladung getippt zur ersten Organisationsbesprechung am 5. Juli um 19.30 Uhr im Leistungszentrum des Skiverbands auf dem Herzogenhorn – mit großem Verteiler, versteht sich, vom Forst- bis zum Skiverbandspräsidenten, und unter Einbeziehung von Presse und Fachpresse, ein bisschen nassforsch unterzeichnet vom Todtmooser Forstreferendar „mit Ski- und Waidmannsheil“-Grüßen. Eingebunden waren da auch bereits die beiden berufsständischen Organisationen; der Vertreter der Gewerkschaft sollte sogleich mit der Forderung herausrücken, der Chancengleichheit wegen müsse den Waldarbeitern an Stelle des KK-Schießens ein Knallkorkenschlagen mit der Axt zugestanden werden. Lange hat sich diese Disziplin freilich nicht gehalten, denn auch die Waldarbeiter bevorzugten das Schießen. Klar war von Anfang an, dass an dem Wettkampf schrankenlos alle mit Wald und Holz verbundenen Berufsgruppen und Laufbahnen, von den Forstprofessoren bis zu den Waldbesitzern und Sägewerkern samt Familienangehörigen zur Teilnahme berechtigt sein sollten.
In seinem Eingangsreferat hatte der Todtmooser Forstreferendar vor den versammelten Kollegen über Sinn und Zweck der Veranstaltung zu referieren, über die forstliche Berufsbezogenheit der Sportart Biathlon ebenso wie über das Ziel einer grenzüberschreitenden forstsportlichen Verständigung. Weil gerade der Prager Frühling ausgebrochen war, zeigte er sich zuversichtlich, dass nicht nur mit Teilnehmern aus den süddeutschen Nachbarländern und Italien, womöglich gar aus Skandinavien gerechnet werden durfte, sondern auch mit Läufern aus der DDR, aus Jugoslawien und aus der Tschechoslowakei; von den drei Letztgenannten sollten dann tatsächlich die Tschechen am Start erscheinen. An den Schluss seiner Ausführungen setzte er kühn seine Vision einer „Forestiade“, die man in den Folgejahren ja dann jeweils an die Teilnehmerländer vergeben könne. Hauptsache, die Uraufführung verlaufe erst mal erfolgreich.
Zum Vorsitzenden des ausrichtenden Komitees wurde zunächst der Todtmooser Forstamtsleiter Helmut Zimmermann gewählt. Dessen Referendar hatte die Pressearbeit und die Kontaktaufnahme mit den Ausländern zu übernehmen. Womit er freilich nicht überall sogleich erfolgreich war: Ausgerechnet bei den Schweden handelte er sich eine Absage ein, von denen er doch zu seiner Seminararbeit inspiriert worden war. Leider habe man dafür keine Zeit, so die knappe Antwort des schwedischen Kollegen. Noch war auch in den kühnsten Zukunftsträumen nicht abzusehen, dass die EFNS in ihrer 44jährigen Geschichte zweimal nach Schweden vergeben werden konnten (1986 nach Falun, 2011 nach Östersund) und dass 2012 in Todtnau mit Gunnar Olofson aus Östersund der erste nichtbaden-württembergische Präsident des EFNS-Komitees (mittlerweile eines eingetragenen Vereins) gewählt werden sollte.
Als stärkstes Zugpferd in der Startphase der Veranstaltung erwies sich indessen Erwin Lauterwasser, der Todtnauer Forstamtsleiter – ein Glücksfall, wie sich rasch herausstellte, nicht nur für die allerersten Wettkämpfe auf dem Herzogenhorn, die maßgeblich vom Todtnauer Forstamtsbüro aus organisiert wurden und am 26. Februar 1969 bei denkbar widrigen Witterungsbedingungen (der Nebel war so dicht, dass nicht geschossen werden konnte) durchgeführt wurden. Desto legendärer geriet der fröhliche Ausklang mit der Siegerehrung im Ochsen in Todtnau, wozu sich auch der Forst- und Landwirtschaftsminister eingefunden und einen Ehrenpreis gestiftet hatte, eben dort, wo einst auch der erste deutsche Skiclub gegründet worden war. Das Wettkampfbüro hatte sogar zwei Läufe auszuwerten gehabt: einen 12 km langen A-Lauf für 75 Langlaufprofis und einen halb so langen B-Lauf für 450 Amateure aus fünf Nationen, denn noch war längst nicht jedermann im Besitz einer Langlaufausrüstung Lauterwassers organisatorisches Talent, sein unermüdlicher Einsatz für die Fortführung der EFNS über drei Jahrzehnte hinweg, sei es als Freiburger Forstpräsident, sei es auch noch als Pensionär (und Vizepräsident des Deutschen Skiverbands), sein Verhandlungsgeschick gegenüber Sponsoren wie auch seine Drähte in höheren Etagen der Politik boten die Gewähr dafür, dass aus den EFNS eine Erfolgsgeschichte werden konnte, der letztlich auch Forstreformen und Wirtschaftskrisen nichts anhaben konnten.
Der Freiburger Forstpräsident damals, im Jahr 1969, Anton Seiterle, hat dem Organisationskomitee für seine Arbeit (mit Schreiben vom 4. März 1969) in geradezu überschwänglichen Worten gedankt: Nachdem „dem glänzenden Einfall die Tat gefolgt“ und die gesteckten Ziele in jeder Hinsicht erreicht worden seien, dürften alle „mit Zufriedenheit feststellen, dass die Forstverwaltung und die in ihr tätigen Menschen sich der Öffentlichkeit von einer bisher unbekannten, aber gewiß sympathischen Seite gezeigt haben. Dies erscheint mir gerade jetzt, hingesehen auf die derzeitige Lage der Forstwirtschaft und Forstverwaltung, notwendiger denn je.“ Der Einsatz gereiche dem Sport, der Forstverwaltung und unserem Land zur Ehre – vierundvierzig Jahre später dürfte das der nunmehr amtierende Freiburger Forstpräsident Meinrad Joos, der Vorsitzende des örtlichen Komitees, nicht viel anders gesehen haben.
Damals waren derlei sportfreundliche Töne neu in der Forstverwaltung. Allenfalls schemenhaft hatte sich im Entstehungsjahr der EFNS abgezeichnet, dass das skisportliche Engagement der Forstbediensteten in Baden-Württemberg alsbald zu einem wichtigen Fundament der winterlichen Erholungsplanung werden sollte. Wie anders als über die forstlichen Skiwettkämpfe hätte das Forstpersonal den Boom der Freizeitsportart Skilanglauf ab den 1970er Jahren steuern und mitgestalten sollen, wie anders als mit Hilfe des Sachverstands, den man sich in der Loipe und im Austausch mit den skisportlich engagierten in- und ausländischen Kollegen aneignen konnte? Zur Wissensvermittlung im neuen Fach Anlage und Unterhaltung von Skiloipen hatte die Freiburger Forstdirektion ihren Bediensteten 1971 sogar eigens noch zwei Lehrgänge angeboten, in denen die Konzeption für das erste deutsche Skilanglaufzentrum, die Thurnerspur bei St. Märgen, entworfen wurde. Ohne das skisportliche Engagement der Forstleute und ohne den goldenen Zügel der von der Forstverwaltung für die Anlage und Unterhaltung von Wintererholungseinrichtungen eingesetzten Fördermittel wäre die wintertouristische Entwicklung im Schwarzwald fraglos anders, im Zweifel sehr viel chaotischer verlaufen. Denn dass sich die winterlichen Besucherströme mit fachmännisch angelegten und gut gewarteten Skiloipen lenken lassen, dass auf diese Weise ökologisch sensible Gebiete ausgespart bleiben können, das zeichnet den Schwarzwälder Volkssport Skilanglauf (im Gegensatz zu manch andern Freizeitsportarten, die sich kaum kanalisieren lassen) bis zum heutigen Tag aus. Auch wenn die Forstverwaltung nach all den Reformen längst nicht mehr über die Fördertöpfe zur Gestaltung von Wintererholungseinrichtungen verfügen darf: Geblieben ist einstweilen die skisportliche Begeisterung, das oft ehrenamtliche Engagement vieler Forstleute.
Die Vorfreude auf die nächsten EFNS, auf die Wettkampfreisen in die Schneeregionen der europäischen Länder als Stimulanz für ein kontinuierliches gesundheitsförderliches Training, alljährlich herbeigesehnte Tage mit ihren freundschaftlichen wie fachlichen Kontakten zu in- und ausländischen Kollegen, das ist es, was den Wert der EFNS unterdessen ausmacht, ob sie nun einst in Todtnau oder in Todtmoos erfunden worden sein mögen. Soviel ist jedenfalls sicher: die 45. Wettkämpfe werden in Gorski Kotar in Kroatien ausgetragen, die übernächsten im nordfinnischen Kontiolahti, und im Jahr 2015 trifft man sich in Lenzerheide. Ergebnisse und Eindrücke vom Notschrei 2012 finden sich im Internet unter www.efns.eu.